Täter-Opfer-Retter-Dreieck

Auch wenn es zunächst scheinbar brutal klingt und wir uns dagegen wehren:

Nichts geschieht mir ohne mein Zutun, mein Erlauben, Einladen oder zumindest mein Erdulden, oft geschieht dies unbewusst.

Jede Seele hat Verletzungen erlebt und interpretiert die Welt nun im Sinne dieses Erlebnisses und des sich als Opfer Erlebens. So denken wir  - oft unbewusst - Die Welt ist schlecht. Ich bin machtlos, hilflos, ungeschützt, kann nichts tun … .

Es ist nichts weiter als die Suche der Seele nach Heilung, die uns immer wieder in ähnliche Situationen bringt. Bis es gelöst ist.

Immer wieder ist es hilfreich, sich bewusst zu machen: Wenn Menschen sich in der klassischen, sehr vereinfachten, Dreierkonstellation Opfer -Täter - Retter erleben, ist dies nur eine Rollenzuschreibung und entspricht nicht der tatsächlichen Realität. Wenn Sie aus ihrer bisherigen Rolle aussteigen, kann das System nicht so weiterfunktionieren wie bisher. Wenn Sie ihre Rolle als Opfer nicht mehr ausfüllen, ist der Täter kein Täter mehr und es wird kein Retter mehr gebraucht und umgekehrt.

Oft erleben wir uns auch in anderen Konstellationen in einer der anderen 2 typischen Rollen. Wenn wir genau hinschauen, können wir oft erkennen, dass wir uns in der einen oder anderen Sicht manchmal auch in gleichzeitig oder abwechselnd zwei der Rollen Opfer, Retter oder Täter gleichzeitig erleben.

In jedem Fall ist dies eine unbewusste Selbsttäuschung, die der Stärkung des Egos dient. Heilung geschieht, wenn dies aufgelöst werden kann. Dann wächst wahres Selbst-Bewusstsein und innerer Friede.

Als Opfer hat das Ego den Gewinn, sich mit einer „weißen Weste“ zu fühlen, scheinbar der Gutmensch sein zu können und sich damit moralisch über die schlechten, bösen, faulen, unfairen, egoistischen …. Täter erheben zu können. Der Preis besteht darin, sich abhängig zu fühlen. Der Täter tut etwas gegen das ich mich scheinbar nicht wehren kann, nur der Retter kann vermeintlich helfen. Ich erlebe mich also als machtlos.

Als Täter hat das Ego den Gewinn, sich als aktiv, selbst bestimmt und antiabhängig zu erleben. Der Preis ist der, den beiden anderen gegenüber als unmoralisch da zu stehen, aber das wird entweder verdrängt oder verbrämt. Gute Mädchen kommen in den Himmel, schlechte kommen überall hin. Pah!

Als Retter hat das Ego den Profit, sich sowohl als stark als auch als gut und hilfreich empfinden zu können. Das Ego hat hier also sogar einen doppelten Gewinn, deshalb ist das Helfersyndrom auch so beliebt. Auch hiermit versucht es, sich unbewusst über andere zu erheben, über die unmoralischen Täter und über die hilflosen und schwachen Opfer. Der, der sich - oberflächlich betrachtet - am besten fühlen kann, ist also der Retter. Der Preis hierfür ist auch nicht gering, es ist meist sehr anstrengend sowohl immer stark als auch immer gut sein zu müssen. Beides prädestiniert für das heute so verbreitete Burn out.

Daher geht es darum, im System etwas Grundlegendes zu verändern. Ein Wechsel der Rolle beendet das Spiel nicht, es tauscht nur die Rollen oder vielleicht die Spieler aus.

Steigt einer aus dem System als Ganzes aus, muss sich etwas verändern.

Der, der sich als Opfer erlebte kann nun seine Selbsttäuschungen und alten inneren Filme erkennen und loslassen. Für ihn geht es darum, seine eigene Stärke, seine Handlungsfähigkeit und seine eigene Lebensgestaltung zu erkennen und in die Hand zu nehmen. Zurück ans Steuer des eigenen Lebensschiffes! Noch wichtiger ist meist der Verzicht auf die eigene innere moralische Überhöhung.

Der Täter - wenn er denn überhaupt zur Therapie kommt - könnte lernen, sich auch mit seinen weichen, bedürftigen und schwachen Seiten anzufreunden und sie als Ressource zu integrieren. Sein Preis ist, auf die Haltung „Moral ist nur was für Weicheier - Regeln gelten nur für Andere“ zu verzichten und sich gelegentlich in sein Gegenüber einfühlen zu lernen.

Der Retter darf lernen, dem Opfer seine eigenen Selbsthilfekräfte zuzutrauen und nicht ständig einzugreifen. Er darf lernen, dem Täter einen guten Kern zuzutrauen und ihm zu helfen, seine weichen Seiten zu entdecken. Sein Preis ist, die Überlegenheit dem „hilflosen“ Opfer und dem „bösen“ Täter gegenüber aufzugeben.

Bildlich gesehen sind also Täter und Retter äußerlich aufgeblasen, innerlich Opfer und Retter. Der Retter darf also am meisten überflüssige „Luft ablassen“, um zu seiner reellen Größe zu finden und zu einer gesunden Haltung zu kommen.

Der Täter versteckt seine Minderwertigkeitsgefühle so geschickt, dass er sie meist selbst nicht wahrnimmt. Er steht scheinbar über der Moral. Er persönlich hat das Recht, sich darüber hinweg zu setzen.

Das Opfer versteckt seine inneren Überlegenheitsgefühle und fordert durch seine Hilflosigkeit unbewusst alle anderen auf, ihm zu helfen.

Der Retter versteckt beides und hat somit am meisten aufzugeben. Das ist besonders schwer zu erkennen.

Heilung und Veränderung entstehen nicht, wenn einer nur die Rolle austauscht und z.B. vom Opfer zum Täter wird. Es geht in jedem Fall um die Integration unserer „Schattenseiten“, also der Seiten, die wir haben, aber nicht so gerne von uns zeigen, weil wir fälschlich denken, sie seien unakzeptabel.

Ob wir uns bisher nicht erlaubt haben, uns und unsere Bedürfnisse selbst wichtig zu nehmen, mal schwach oder mal ungehalten zu sein… Was auch immer wir da verdrängt haben. Wir sind all das und dürfen es auch sein. Gleichzeitig müssen wir es nicht. Wir sind frei und können wählen. Es gibt kein Entweder oder. In jeder Polarität steckt auch schon der Kern des Anderen.

 

Heilende Ansätze sind:

 

Ich kann, ich darf auch mal, ich muss nicht (immer)

 

  • schwach / stark sein
  • lieb sein / böse sein
  • hilflos sein / selbständig sein
  • brav sein / frech sein
  • hilfreich sein / nach mir selbst schauen

 

usw.

 

Wenn ich mich so fühle, dann steckt auch immer das Andere in mir.

Ich bin sowohl … als auch  ….

Identifizieren Sie sich nicht allein mit einer Seite, die andere haben sie genauso, wenn nicht so sehr nach außen, dann vielleicht bisher mehr nach innen oder gegen sich selbst. Forschen Sie doch mal nach.

Der Unterschied ist nur, wer was nach außen zeigt oder verbirgt, oft auch vor sich selbst.

 

Wenn es Ihnen alleine nicht gut gelingt aus diesen Verhaftungen von „ich muss, ich sollte, … ich kann doch nicht… es geht nicht …“ alleine herauszukommen, suchen Sie sich am besten einen / eine Therapeutin ihrer Wahl zu ihrer Begleitung. Gerne helfe ich ihnen, herauszufinden, welche Technik oder welche Persönlichkeit sie dabei am besten unterstützt. Entscheidend sollte dabei nicht sein, was die Kasse zahlt, sondern, was Sie weiterbringt. Dies sind oft Techniken, die alle Sinne mit einbeziehen, nicht nur eine Form von „darüber reden“. Die wesentlichen Knoten liegen im Unbewussten und sind so über den Körper oft am besten zu erreichen.

Siehe aber auch Artikel über „Wie sehe / höre / fühle ich?“ und "Körpertherapien".

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