Trennung, Verlust, Abschied

Oft fällt es uns schwer, manchmal erleben wir es auch als einen sehr schweren Schicksalsschlag. Dabei ist im Verstand jedem von uns bewusst: Jeder Mensch den wir kennen wird einmal uns verlassen oder wir ihn. Ein bisschen, eine Weile oder vollständig. Dies passiert plötzlich oder mit Vorwarnungen, manchmal auch unbemerkt - durch Tod, durch Trennung oder durch aus-den-Augen-verlieren.

Von jedem Menschen, den Sie kennen, werden entweder Sie erleben, das er stirbt oder er wird erleben, dass Sie sterben. Jeder. Also eigentlich nichts Besonderes.

Doch, was nutzt uns dieses Wissen?

Was passiert da innerlich mit uns und warum knabbern wir an manchen Verlusten viele Jahrzehnte?

Verlassen werden ist dabei sicher immer schwerer als selbst weg zu gehen. Der, der weggeht, erlebt ja etwas Neues. Der zurückbleibt nimmt stärker die Lücke war, die übrig bleibt. Insbesondere, wenn es plötzlich kam und ohne unser Einverständnis. Dann erleben wir Hilflosigkeit.

Die Frage "warum?" führt uns meist nicht weiter. Sie weist in die Vergangenheit und erklärt höchstens, warum es so hat kommen müssen. Aber was nutzt es uns?

So hilft uns auch ein normales Gespräch mit Mitleiden oder Mitschimpfen meist nur wenig. Ums Verstehen geht es meist nicht. Auch nicht allein darum, sein Leid loszuwerden, indem man sich mal bei jemandem ausschüttet. Damit allein ist es noch nicht weg.

Solche Gespräche können sogar umgekehrt das Loslassen erschweren, weil wir uns in unseren Vorwürfen und in unserer Opferrolle bestätigen. (Siehe auch Blog über das Täter-Opfer-Retter-Dreieck). Dann wissen wir, dass wir im Recht sind, so fühlen und leiden zu müssen, weil ja doch alles so außergewöhnlich schlimm war.

Damit wir unser Schicksal annehmen und die Ereignisse verarbeiten können, braucht es unbedingt so etwas wie ein lösungsorientiertes Setting, symbolische Handlungen, die dazu führen, dass wir die emotionalen Wunden heilen lassen können und die emotionalen Verwicklungen, Vorwürfe, Kränkungen usw. aufgelöst werden können. Dies hat viel mehr mit einem Geschehen-lassen zu tun als mit einem "Machen".

Wenn Sie Trauerarbeit "machen" oder "erledigen" wollen, nur um die Trauer möglichst schnell ungefühlt hinter sich zu bekommen, wird es nichts helfen. Denn wenn wir etwas nicht los lassen, frei geben, geschehen lassen, dann halten wir es genau dadurch fest, dass wir es uns nicht erlauben. Weder "ich muss" noch "ich darf nicht" ist frei.

Solange etwas nicht sein darf, bin ich nicht frei davon, dann bin ich davon abhängig, dass es nicht ist - was allerdings der Realität nicht entspricht, denn der Verlust ist ja schon passiert

Die einzelnen Schritte müssen unabhängig voneinander erfolgen. Ohne Annehmen wird kein Loslassen gelingen. Wenn ich nur an die Trauer herantrete, um sie loszuwerden, ist das so ähnlich, wie wenn ich mitten in einem Wespenschwarm wütend um mich schlage. Anstatt weniger wird der Schmerz mehr werden. Der wesentliche Unterschied zum Wespenschwarm ist, dass meine Gefühle ja meine eigenen Gefühle sind. Ich erzeuge sie selbst, sie entstehen in mir.

Ein Kollege sagte einmal sehr treffend zu einem Freund von mir:

Gefühle fühlen ist Gefühle fühlen ist Gefühle fühlen.

Gefühle haben ihren Sinn. sie sind nicht einfach lästiges Beiwerk oder dazu da, uns zu ärgern.

Jede Emotion will uns etwas helfen:

Ärger zeigt uns, dass uns etwas nicht gefällt - also love it, change it or leave it.

Freude zeigt uns, dass wir das Richtige tun, am richtigen Ort oder unter den richtigen Begleitern sind - und dies öfter tun sollten.

Sorge hilft uns, uns Gedanken zu machen und Lösungen zu finden für Probleme, die vielleicht noch gar nicht da sind.

Angst ist dazu da, dass wir vor eventuellen Gefahren gewarnt sind und sichere Wege suchen können.

Wir erzeugen Gefühle von Trauer, um durch das Trauern den Verlust verarbeiten und loslassen zu können.

Somit hat jedes Gefühl eine Botschaft und teilt dem Bewusstsein etwas über das Unterbewusste mit.

Kompliziert wir es erst, wenn wir uns unsere Gefühle nicht erlauben und sie mit anderen erlaubten Gefühlen wegdrücken. Wenn ich wütend bin auf mich, weil ich geweint habe, wenn ich Angst habe davor, wütend zu werden, wenn ich mir Sorgen machen, ob ich wieder (vermeintlich) zu laut lache usw.

Dann werden wir verwickelt und verdreht, nicht nur im Emotionalen, sondern auch im Körper. Diese emotionalen und körperlichen Verbiegungen kann man körpertherapeutisch sehr gut auflösen. Dazu ist es noch nicht mal notwendig, durch alle Gefühle noch einmal retraumatisierend hindurch pflügen zu müssen. Aber in Kontakt kommen müssen wir mit Ihnen.

Entscheidend ist, dass wir die Gefühle finden, annehmen und loslassen.

Wichtig ist, dass Therapie nicht allein im Kopf, im Sprechen, im Verstand passiert. Wir brauchen Bilder und Gefühle dafür, wir brauchen die Einsichten und das Gefühle fühlen, wir brauchen "berührt sein".

Zur Lösung von Trauer, die sich nicht auflösen will, ist es dann oft hilfreich zu schauen, wie ich selbst meinen Fluss der Gefühle unterbreche und wie es anders geht.

Sehr oft hat sich ein inneres symbolisches Abschied nehmen als sehr erlösend und befreiend gezeigt. Kurz gesagt beinhaltet es folgende drei Stufen:

Gefühle annehmen:

1) Bedauern, was zu bedauern ist, was wir verloren haben und was nicht geklappt hat, was wir versäumt haben und was wir im reellen Leben nicht mehr nachholen können - sehr wohl aber noch im Geiste, auch wenn jemand schon gestorben ist, kann ich mich mit ihm von Seele zu Seele unterhalten.

2) Danken für alles, wofür wir zu danken haben, was wir bekommen haben, was schön war, was uns gefreut hat, woraus wir gelernt haben....

und schließlich - und erst, wenn die Gefühle wirklich angenommen wurden. Wenn die Trauer, die Wut, die Vorwürfe, der Kummer, die Angst ganz da sein dürfen und nicht mehr weggemacht werden müssen - dann erst

3) loslassen, loslassen, loslassen.

Etwa so: Ich erlaube mir ... , ich erlaube dir .... , geh du deinen Weg, ich gehe meinen. Alles, was von mir noch bei dir ist, Vorwürfe, Erwartungen ... nehme ich wieder zurück. Alles, was noch von dir noch bei mir ist, lasse ich los und du kannst es wieder zurückhaben.

Loslassen heißt dabei, das ich nicht mehr versuche, den Vogel in der Hand mit Gewalt festzuhalten, sondern ihn gewähren lasse, er kann sitzen bleiben oder auch weg fliegen, ich bin mit beidem einverstanden.

Loslassen heißt aber auch nicht, das wir den Vogel mit aller Gewalt fortwerfen. Loslassen heißt nichts anderes als, was es wirklich heißt: los - lassen, locker lassen, also sich entspannen und nichts zu mir her und nichts von mir weg zwingen wollen.

Dann geschieht spontan Heilung und viele sind sehr erstaunt, wieviel das bewegt, auch wenn der Verlust schon viele Jahre oder Jahrzehnte lang zurück liegt.

Natürlich können wir solche symbolischen Handlungen wie ein Loslassritual auch für uns selbst tun. Sehr essentiell für eine tiefgreifende Änderung und Enttraumatisierung scheint aber nach neuester Forschung zu sein, dass wir diesen doppelten Spiegel haben: Sich selbst in seinen Gefühlen zu sehen und anzunehmen - und außerdem sich von einem wohlwollenden Gegenüber in seinen Gefühlen gesehen und angenommen zu spüren.

Auch hilft uns die erfahrene Begleitung, unsere blinden Flecken zu entdecken und uns nicht im entscheidenden Moment um die Schwierigkeiten des Gefühle-fühlens herum zudenken, sondern wirklich im entscheidenden Moment sich soweit zu öffnen, dass wir verletzlich sein dürfen. Dies ist natürlich auch einfacher, wenn wir uns gehalten und angenommen fühlen.

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